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Was der Dressurrichter sehen will….

Die Richter lernen in ihrer Ausbildung ausschließlich nach der Ausbildungsskala zu bewerten und auch zu kommentieren. Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung, Geraderichtung und Versammlung sind in dieser Reihenfolge der Leitfaden für das Vergeben von Wertnoten und Beurteilungen. Stimmt etwas in den ersten drei Punkten der Ausbildungsskala nicht, kann keine befriedigende Note (also die 6) gegeben werden.

Takt

In allen drei Grundgangarten (GGA abgekürzt im Protokoll) muss die natürliche Fußfolge des Pferdes klar erkennbar sein, um eine gute Note zu erhalten. Im Schritt der klare 4 Takt, im Trab der 2 Takt ohne Taktstörungen und im Galopp der gesprungene Dreitakt. Ist eine der Gangarten nicht in Ordnung, darf keine 6 mehr gegeben werden. Ist das Taktproblem schwerwiegend wie zum Beispiel das passartige Schrittgehen noch nicht einmal mehr die Note 5.

Losgelassenheit

Das Pferd soll locker über den Rücken schwingend vorgestellt werden. Mangelnde Rückentätigkeit ist stets ein Grund für eine verminderte Bewertung. Allerdings kann auch durch äußere Einflüsse auf dem Turnier Spannung beim Pferd entstehen. Dies führt auch zu einer schlechteren Wertnote. Im Protokoll bezieht sich der Richter dann aber auf das Hier und Jetzt und schreibt z.B. „heute präsentierte sich das Pferd leider aufgrund deutlicher Spannung unter seinen Möglichkeiten“, was dann heißt, dass das Pferd an sich gefallen hat, aber aufgrund des Scheuens keine höhere Note gegeben werden kann, zumindest an diesem Tag.

Anlehnung

Das Pferd muss sicher am Zügel stehen und sich fallen lassen, d.h. die Hals- und Rückenmuskulatur entspannen und loslassen. Beim Nachgeben der Zügel soll das Pferd immer dem Gebiss nach unten folgen. Dies wird in den Lektionen Zügel aus der Hand kauen und Überstreichen überprüft. Die bloße korrekte äußere Form der Anlehnung, Hals krumm und Genick höchster Punkt, ist bei mangelndem Fallenlassen noch nicht ausreichend für eine gute Bewertung. Erst wenn das Pferd leicht und ohne jede Mühe aus freien Stücken die Hand des Reiters sucht, werden hohe Noten vergeben.

Schwung

In den unteren Bereichen wie E und A ist die Schwungentfaltung noch kein vorrangig ausschlaggebendes Kriterium. Hier ist man zufrieden, wenn die Pferde die ersten drei Punkte der Skala gut beherrschen. Für vordere Platzierungen und höhere Prüfungen ist dann jedoch auch die Schwungentfaltung, dass Hinterhandengagement sowohl in den Arbeits- und Versammelten Tempi als auch besonders in den Verstärkungen von ausschlaggebender Wichtigkeit. Um so mehr die Hinterbeine nach vorne unter den Schwerpunkt und gut gewinkelt fußen um so besser die Beurteilung.

Geraderichtung

Im Laufe der Ausbildung sollte das junge Pferd gelernt haben, sich nicht mehr natürlich schief auf 2 Hufschlägen, sondern geradegerichtet, die Vorhand auf die Hinterhand eingestellt zu bewegen. Speziell im Galopp wird auf die Geraderichtung auf beiden Händen geachtet. Man sagt, erst durch das Erlernen aller Seitengänge ist ein Pferd völlig geradegerichtet.

Versammlung

Ab der Klasse L wird die Versammlung gefordert. Das Pferd soll sich mehr in der Hinterhand beugen und zum Tragen kommen, dadurch optisch bergauf gehen. Oft wird in den unteren Klassen anstatt der korrekten Versammlung lediglich verlangsamtes Tempo mit wenig aktiver Hinterhand gezeigt. Dies muss zu einer schlechteren Bewertung führen.

Richter und Wertnoten

Es ist leider weit verbreitet, dass eine schlechte Bewertung von Reitern und Ausbildern stets mit der mangelnden Sachkenntnis der Richter erklärt wird. Gerade unerfahrene Ausbilder sind vorschnell mit dem Urteil: „Die Richter haben keine Ahnung“. Ich will hier keinesfalls allen Ausbildern Sachkenntnis absprechen. Ganz im Gegenteil, es gibt sehr viele gute Ausbilder, die sehr wohl einschätzen können, wie der Ritt ihres Schülers gelungen ist. In der Regel erbringen deren Schüler auf Dauer gesehen auch gleichmäßig und immer besser werdende Leistungen auf dem Turnier. Klar, kann mal das eine oder andere Pferd nicht so talentiert für den Turniersport sein und der große Erfolg daher auf sich warten lassen. Aber in der Regel erlangen die Schüler von guten Ausbildern gute Bewertungen.

Allerdings gibt es leider auch jede Menge „scharze Schafe“ unter den Ausbildern, die immer die Schuld auf die Richter schieben, weil sie es nicht besser wissen oder sich selbst überschätzen, oder einfach selbst keine gute Ausbildung genossen haben. Sicherlich ist es möglich, dass ein Richterurteil nicht sachgemäß oder falsch ausfällt. Das liegt in der Natur der Sache. Allerdings sollten Sie sich als Reiter bei immer wiederkehrenden schlechten Beurteilungen von verschiedenen Richterteams schon fragen, ob nicht Ihre Betrachtungsweise oder die Ihres Ausbilders zu überdenken ist. Die Ausbildung der Richter ist sehr umfangreich und es werden von allen Richtern eigene Erfolge im Sattel gefordert. Ständige Fortbildungen und Schulungen sind Pflichtprogramm für alle Richter. Wenn also verschiedene Richter an Ihren Ritten immer wieder die gleichen Fehler beanstanden, müssen Sie sich ernsthafte Gedanken machen, ob nicht in der Grundausbildung oder dem Training Ihres Pferdes etwas verkehrt ist. Mein Buch soll Ihnen dabei helfen, die Beurteilungen besser zu verstehen und anhand der angebotenen Ausbildungstipps stetig bessere Bewertungen und damit Ergebnisse zu bekommen.

Bewertung von Grundgangarten

Die Grundgangarten sind in jeder Dressurprüfung das ausschlaggebende Kriterium. Die Lektionen können noch so gut ausgeführt werden, wenn der Schritt, der Trab oder der Galopp nicht gut (geritten) sind, kann es zu keiner guten Bewertung kommen. In der Regel gelingen aber auch die Lektionen weniger gut, wenn es Gangartprobleme gibt. Sie sollten deshalb im Protokoll besonders auf die Kommentare zu Schritt, Trab oder Galopp achten.

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